November 16, 2006

Anja in Chicago- Matthias in Monte

Nachdem mich mein Kommilitone Nacho (eigentlich Ignacio) seit über einen Monat gefragt hatte, wann ich denn nun endlich einmal in sein Dorf kommen würde, um dort ein Wochenende zu verbringen, hatte ich mir einen Termin rausgesucht und bin mit ihm nach Monte de San Miguel gefahren. Monte liegt ungefähr Hundert Kilometer von La Plata entfernt in der Provinz Buenos Aires. Auf der Busfahrt haben wir unzählige Kühe und Pferde passiert, die auf der weiten und grünen Pampa weideten. Argentinien bedeutet in erster Linie unberührte Natur, so weit das Auge reicht. Man muss sich vorstellen, dass in Argentinien nur etwa halb so viele Menschen leben wie in Deutschland, das Land aber fast 10 mal groß ist.
In Monte angekommen bin ich erstmal der gesamten Familie vorgestellt worden, die alle gleichzeitig in der Pizzeria des großen Bruders Juan gearbeitet haben.


Die Mutter und die ältere Schwester von Nacho sind eigentlich Erzieherinnen, müssen aber immer mithelfen, damit der Laden läuft. Dem Papa gehörte das Geschäft einmal selbst und nun arbeitet er für seinen ältesten Sohn. Bei den beiden Frauen hatte ich auch gleich ein Stein im Brett, als ich erzählt habe, dass meine Mutter auch eine Erzieherin sei.
Nacho streifte sich nach seiner Ankunft gleich die Schürze über, um Pizzas und Schnitzel für ganz Monte zu zubereiten. Ich wollte nicht nur herumsitzen und das mir angebotene Bier trinken. Also holte ich mir auch eine Schürze und begann damit Käse und Gemüse zu schneiden. Pause durfte ich erst einmal machen, als ich mir beim Tomaten schneiden den halben Finger abgehackt habe. So musste ich warten bis mein Stumpen nicht mehr blutete, damit ich das Essen nicht versauen würde.
Die Familie Rey hat sich wahrscheinlich auch gedacht, dass da einer aus Deutschland kommt, der keine Ahnung hat und nicht einmal Gemüse schneiden kann. Nachy hat mich dann aber verteidigt, da ich schon einmal für ihn gekocht hatte, wusste er, dass ich zumindest ein wenig davon verstehen würde. Nachdem die Familie Rey alle Montenser versorgt hatten, sind Nacho, seine Freundin Augustina und ich in eine Bar gegangen, wo wir dann ein paar Bier getrunken haben, und danach mit dem Auto des Bruders an die Lagune gefahren sind. (Die Leute fahren in Monte auch besoffen Auto, aber dadurch dass sie nur mit ungefähr 10 Km/h durch die Gegend fahren passiert dort nur selten was. Und wenn doch einmal was passieren sollte, kennt der Polizist mit Sicherheit die Leute und findet die passende Strafe.)
Das Dorf Monte liegt komplett an einem See, und die Aussicht und die Stille dieser Lagune sind sehr beeindruckend- für ein Wochenende zumindest.
Wir haben dann nur im Auto gesessen, Musik gehört, Bier getrunken und uns den Sternenhimmel angeschaut.
Am nächsten Tag musste Nachy wieder arbeiten ich habe mich erstmal ausgeschlafen. Der eigentliche Grund für meine Reise nach Monte war eigentlich eine Fiesta eines Freundes von Nacho. Dieser hatte sein Studium beendet und das war Grund genug, ungefähr 150 Leute einzuladen und ein wenig zu feiern.

Nachy und Juan haben mich um 2 abgeholt, damit wir zusammen zu der Party gehen konnten. Dort angekommen wurde ich erstmal allen 150 Leuten vorgestellt. In Argentinien küssen sich die Leute, egal ob Männchen oder Weibchen, zur Begrüßung, so dass ich erstmal reichlich Küsschen verteilen musste bevor ich frühstücken konnte.


Zum Frühstück gab es dann das weitaus beste Asado das ich jemals gegessen habe. Beim Asado wird so ungefähr eine halbe Kuh an eine Glut gestellt und so gegrillt. Das dauert dann mehrere Stunden und so zu bereitet, schmeckt das Rindfleisch auch wirklich nicht, wie man das aus Argentinischen Steakhäusern kennt. Dazu gab es dann Bier, Wein oder selber gemachten Daiquiri. Im Hintergrund spielte eine Band vier Stunden lang Cumbia. Während der Party sind alle Mädchen erstmal samt Klamotten in den Pool geschmissen worden, was natürlich für breites Grinsen bei allen männlichen Partygästen sorgte. Das ganze Treiben dauerte dann bis spät in die Nacht hinein.

Am nächsten Tag hat der Papa von Nacho fuer uns alle Gnocchi gemacht, die wirklich fantastisch waren. Wir haben uns dann noch eine Hütte angeschaut, in der angeblich der argentinische „Volksheld“ Roca einmal gelebt haben sollte (http://de.wikipedia.org/wiki/Julio_Roca). Einige Montenser behaupten Roca sei niemals in Monte gewesen, andere hingegen denken, dass Monte für Roca so etwas wie seine Wochenendresidenz gewesen sei. Der General Roca hatte in seinen glorreichen Feldzügen gegen die schwer bewaffneten und überaus gefährlichen Indianer in Südamerika gekämpft (in der heutigen Zeit spricht man in diesem Zusammenhang auch gerne von subversiven Personen.) Nachdem er die Eingeborenen allesamt ausgerottet hatte, wurde er zum Helden erklärt.

Bevor ich mich dann in den Bus gesetzt habe, sind Nacho und ich noch einmal die Lagune gefahren um dort endlich einmal ein wenig entspannen zu können, nachdem ich das gesamte Wochenende nur Stress hatte, dort haben wir dann gesessen und nichts gemacht, außer Mate (Tee) zu trinken.
Nach meinem Wochenende steht Eines fest: Wenn die nächste Fiesta in Monte ansteht, setzt sich der Aléman wieder in den Bus, um vor Ort sein zu können.

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