Oktober 28, 2006

Wie es mindestens zweimal USA gebraucht hat...

um mich Deutsch zu machen...

Bei Vorbereitungsworkshops für Auslandsaufenthalte wird einem ständig gesagt, dass ein Auslandsstudium nicht nur hilft die fremde Kultur kennen zu lernen, sondern auch die eigene besser zu verstehen. Nachdem ich jedoch bei solchen Workshops auch gelernt habe, wie man sich die Beine rasiert und warum man grüne Milch von Außerirdischen nicht trinken muss, habe ich diese Information wahrscheinlich unter "Nicken und Lächeln" abgehakt. Es braucht also tatsächlich die eigene Erfahrung, um sich wieder bewusst zu werden, was man eigentlich schon weiß: Ich bin Deutsche und Europäerin und stolz darauf!

Mein erstes Jahr in der amerikanischen Kleinstadt High School hat mich für die USA begeistert. Das zivile Engagement und der Unternehmergeist, die sympathische Formlosigkeit von zwischenmenschlichen Beziehungen und das große Herz der manchmal etwas einfachen Leute in Beaverton sind nur ein paar der Gründe, warum ich seit dem nicht mehr von diesem Land weggekommen bin. Ein Teil der Faszination kommt sicher auch davon, dass ich in meinem Austauschjahr und mit Hilfe meiner Gastfamilie ein bisschen mehr erwachsen geworden bin

Diesmal ist es ein bisschen anders. Die Begeisterung und Faszination ist immer noch da (um nicht zu sagen, ich liebe diese Uni-da weiß man echt wofür die hier bezahlen!), aber nach drei Jahren in Berlin und mit mehr Bewusstsein für die Dinge um mich herum (mein politisches Bewusstsein war nicht besonders ausgeprägt mit 16 um nicht zu sagen fast gar nicht vorhanden), sehe ich die USA und meine Heimat selbst mit neuen Augen. Es ist zum Beispiel echt merkwürdig, wie ich mit allen Europäern hier sofort eine Verbindung finde, selbst mit Leuten, mit denen ich in Europa nichts zu tun hätte. Auch die Amerikaner mit denen ich zu tun habe, sind meistens Leute, die entweder im Ausland (meist Europa) gelebt haben oder sich sehr für Europa interessieren.

Außerdem vermisse ich Aldi (den es hier so gar gibt, aber natürlich mit anderen Produkten-ich hab mich so gefreut 25 Cent für meinen Wagen zu bezahlen und in der Schlange zu stehen und danach auch noch meinen Einkauf selbst einpacken zu dürfen), öffentliche Verkehrsmittel und Stromrechnung unter 100 Dollar pro Monat. Mir fehlen meine drei Mülleimer für Plaste, Papier und biologischen Abfall. Und ich kann und will mich nicht daran gewöhnen, dass "Let's go to the movies next Friday." nur als ein Vorschlag unter anderen Optionen gesehen wird, während ich mir meinen Freitagabend frei halte und am Ende dann Wiederholungen von "Scrubs" bis um 2 schaue. Ich bin stolz auf unser öffentlich-rechtliches Rundfunksystem und darauf, dass man in Europa so viele Sprachen lernt.

Damit ich jetzt nicht gleich Emails über meine stereotype Darstellung bekomme, möchte ich zu meiner Verteidigung hinzufügen, dass ich in Deutschland nicht gerade ein ausgeprägtes Nationalbewusstsein hatte. Das höchste der Gefühle war, dass ich zugeben musste, dass Berlin schon eine sehr schöne Stadt ist, aber eben weil Berlin und Deutschland zwei Paar Schuhe sind. Um mein neues Bewusstsein zu feiern, habe ich mich deshalb entschieden, dem Wort "stereotyp" eine völlig neue Ebene zu geben. Aber seht selbst...

Oktober 23, 2006

El Clásico

Endlich habe ich es geschafft. Endlich war ich zum ersten Mal bei einem argentinischen Fussballspiel. Es hatte ja nun auch lange genug gedauert.

Leider ist es aus zwei Gruenden nicht ganz so einfach hier zum Fussball zu gehen. Zum einen faengt das schon einmal beim Kartenkaufen an. Die Eintrittskarten gibt es hier nur an den Stadien zu kaufen. Wenn dann auch noch ein grosses Derby (Clásico) ansteht, muss man mit ewig-langen Wartezeiten rechnen. Im Falle des Superclásicos zwischen Boca und River kann man froh sein, wenn man nach 14 oder mehr Stunden Wartezeit auch wirklich die Tickets in den Haenden haelt. Dort sind naemlich noch zusaetzlich Massenschlaegereien und Taschendiebstaehle einzuplanen.
Der zweite Grund ist, dass es einfach auch sehr gefaehrlich sein kann allein zum Fussball zu gehen, die Hooligans heissen hier Barrabravas und haben eine unglaubliche Macht. In den bisher absolvierten 8 Spieltagen sind schon 4 Partien abgebrochen oder abgesagt worden. Die Partie zwischen Boca und Gimnasia de La Plata ist zum Beispiel beim Stand von 1:0 abgebrochen worden, weil der Praesident von La Plata die Schiedsrichter so massiv bedroht hatte, dass diese daraufhin ihre Sicherheit nicht mehr als gewaehrleistet ansahen. Auch an diesem Wochenende wurde ein Clásico zwischen Boca und Racing abgesagt, weil die „Doce“ (die Zwölf- welch passender Name fuer den gewaltaetigen Anhang der jeweiligen Mannschaften) von Boca sich in Avellaneda angekuendigt hatten und die Polizei sich ausser Stande sah, Herr der Situation zu werden.
Mein Kommilitone Puci, (sprich Pussy, ist aber bloss eine harmlose Abkuerzung seines Nachnamens „Puccitelli“) der ein bekennder Anhaenger der Estudiantes de La Plata ist, (Ein sogenannter Pincha. Der Klub wurde von Medizinstudenten im Jahre 1905 gegruendet. Da diese auch Experimente mit Maeusen gemacht haben, hiessen sie seit je her „Pincharratas“ oder nur „Pinchas“, was so viel wie Pieker heisst.) hatte mich gefragt, ob ich gerne mit ihm zum Clásico zwischen den beiden Platenser Mannschaften gehen moechte. Ich wollte schon immer gerne zu den Estudiantes gehen, weil dort Juan Sebástian Verón seit diesem Jahr wieder bei seinem Heimatverein spielt. Nachdem wir am Donnerstag zusammen auf der Sportanlage der Fakultaet eine Stunde lang hin- und her gerannt waren, sind wir zusammen zum alten Stadion der Pinchas gegangen um zu schauen, ob wir fuer mich eine Eintrittskarte kaufen koennen. Die Schlange der Leute war inzwischen schon so lang, dass die Leute eine halbe Runde um das Stadion herum anstanden. Also stellten wir uns auch an. Puci ist Vereinsmitglied und hatte seine Karte schon. Nachdem wir innerhalb einer halben Stunde ganze 2 Meter vorangekommen waren, haben wir das Unternehmen abgebrochen, weil wir nur noch eine Stunde Zeit hatten, um puenktlich zum Unterricht zu kommen. Somit hatte ich eigentlich nicht mehr damit gerechnet, dass ich noch zum Spiel gehen wuerde. Puci sagte aber, dass noch eine Moeglichkeit bestuende. Er wollte ein paar seiner Freunde fragen, die auch Mitglieder sind, ob sie eventuell nicht zum Spiel gehen wuerden und ich somit ihre Karte benutzen koenne. Als ich dann schon in der Vorlesung sass, kam der Puci mit reichlich Verspaetung und hielt aber dabei aber die Eintrittskarte in seiner Hand. Ich weiss nicht, wer sich in diesem Moment mehr gefreut hatte, ich, weil ich nun endlich zum Fussball durfte oder Puci, weil er allen anderen erzahlen konnte, dass der „Alemán“ nun auch ein Pincha ist.
Wir haben uns dann am Sonntag um 11 Uhr bei ihm zu Hause getroffen. Danach sind wir dann ganz ruhig zu seinen Pinchafreunden gefahren, um dort ein wenig zu essen und uns auf das Spiel einzustimmen. Zwei seiner Kumpels waren schon am fruehen Morgen auf Lobos (Woelfe) von Gimnasia getroffen. Kurzerhand wurden die unterschiedlichen Ansichten ueber den Platenser Fussball auf argentinische Art geklaert. Wie die ganze Geschichte genau ausgegangen ist, weiss ich nicht. Die beiden Pinchas waren zwar ein wenig verbeult, aber gluecklich.(Auf dem Foto steht der Puci ganz limks und seine beiden Kumpel direkt neben ihn) Wir haben dann ein paar Bier getrunken und sind zum Stadion gelaufen. Auf dem Weg sind wir auf immer mehr Pinchas gestossen und die Stimmung wurde immer besser. Atemberaubend war dann der Moment, als die beiden Mannschaften das Stadion betraten. Eine Million kleine Papierschnipsel und Luftballons in Blau- oder Rot-Weiss flogen da durch die Luft, so dass das Spielfeld erst einmal abgesaugt werden musste.
Ich brauchte dann auch nicht lange auf den ersten Torjubel warten, nach nur 5 Minuten stand es schon 1:0 fuer die Estudiantes und ich befand mich ungefaehr zehn Stufen weiter unterhalb meines eigentlichen Platzes. Gefallen bin ich aber nicht wirklich, da die Dynamik der Meute alles auffaengt- man findet halt immer einen Arm, an den man sich klammern kann. Knapp 10 Minuten spaeter hatte ich dann auch schon die naechste Moeglichkeit den Torjubel zu ueben. Die erste Halbzeit endete 3:0 und meine neuen Pinchafreunde waren allesamt gluecklich.
Die freundliche Feuerwehr sorgte innerhalb der Pause fuer eine aeusserst angenehme Abkuehlung, indem sie die Anhaenger beider Mannschaften eine Viertelstunde lang mit kaltem Wasser abspritze.
Beim Jubel des vierten, fuenften und sechsten Tores hatte ich inzwischen gelernt, meinen angestammten Platz im Rahmen des Moeglichen beizubehalten. Als dann auch noch das siebente und letzte Tor fiel, war allen klar, dass sie heute einen historischen Sieg gesehen haben. Noch niemals hatten die Estudiantes ein Derby so hoch fuer sich entscheiden koennen und überhaupt erst einmal in seiner hundertjaehrigen Geschichte hoeher gewinnen koennen. Nachdem wir alle gluecklich und erschoepft waren (denn Fussball bedeutet hier 90 Minuten singen und springen, waehrend bei uns eher geschrien und geklatscht wird) sind wir noch einmal in die Stadt gefahren, um an der Siegesfeier am Plaza San Martín teilzunehmen. Dort wurde kurzerhand die Strasse gesperrt und die ganze Nacht weitergesungen und getanzt. Puci bedankte sich bei mir (fuer ihn hatte ich auch einen gehoerigenAnteil an dem historischen Sieg gehabt) und ich habe ihn noch zum Busbahnhof begleitet, wo er dann voellig gluecklich nach Hause in sein Dorf gefahren ist. Schliesslich fand das Spiel am Muttertag statt und seine Mutter hatte lange genug auf ihren Pincha warten muessen.

Oktober 15, 2006

Eine Woche im Leben von...mir (Anja)!

In dem ersten Foto seht ihr den Aufenthaltsraum in der IU Memorial Union, dem repräsentativen Hauptgebäude der Uni (Kongressräume, Hotel, usw.) An einem normalen Tag wäre der Raum voll mit lesenden oder schlafenden Studenten, aber ich hab das Foto an einem Sonntag gemacht. Ich verbringe viel Zeit meiner Woche damit in Räumen wie diesem zu lesen. Ich habe nur 3 Kurse, das sind hier 9 Stunden pro Woche, aber die Leserationen sind teilweise für deutsche Verhältnisse unglaublich. Für meine PhD-Kurs in American Studies lesen wir pro Woche 300 bis 500 Seiten.
In dem zweiten Foto seht ihr den Arbeitsraum des Union Board, die studentische Organisation, die sich um das studentische Leben auf dem Campus kümmert. Ich bin in der Gruppe, die sich um die Künste kümmert, Sprecher einlädt, Ausstellung veranstaltet und mache dafür die PR. Außerdem ist meine Gruppe für das Kunstmagazin "Canvas" verantwortlich, das dieses Jahr sein 10. Jahr Bestehen feiert und wir planen gerade an einer Geburtstagsausgabe. Jeden Sonntag treffen wir uns und sitzen auf der roten Couch, um mit Hilfe von Cookies neue Ideen zu besprechen.
Die School of Journalism ist in diesem Semester mehr oder weniger mein akademisches Zuhause, da ich zwei meiner drei Kurse hier belege und diese auf jeweils 2 Tage aufgeteilt sind, das heißt ich bin hier 4 mal die Woche. Das Journalismusinstitut hier hat auch einen ziemlich guten Ruf und, wie für Amerika üblich, kümmert man sich hier gut um die Studenten. Sprecher wie Christopher Hitchens werden eingeladen und man kann hier fast jedes technische Gerät ausleihen, was man für gute Berichterstattung braucht. Ich bin vor allem ziemlich stolz auf meinen Kurs bei Prof. David Weaver, der, für diejenigen, die ihn nicht kennen, für die einzige amerikaweite Journalismusstudie "The American Journalist" verantwortlich ist, und damit eine Vorbildrolle für ähnliche Studien weltweit inne hat. Es war ziemlich witzig, als ich im Büro für Graduate Students war, um meine Kurse zusammen zu stellen, und gefragt habe: "Is it really THE Professor Weaver?" und die Sekretärin mich nur ausgelacht hat, weil sie schon seit über 10 Jahren mit ihm zusammen arbeitet.
Das nächste Foto zeigt die 7. Straße. Auf der rechten Seite ist die Union und hinter mir das Journalismusinstitut. Auf der linken Seite befindet sich ein Teil des Sportkomplexes, in dem ich einmal pro Woche squaschen gehe und einmal pro Woche einen Rückengymnastikkurs mache.
Zur Jordan Avenue muss ich auch mehrmals wöchentlich, da sich nicht nur die Main Library, sondern auch das International Center hier befindet. Jeden Samstag helfe ich dort für eine Stunde anderen internationalen Studenten (meisten Asiaten oder Südamerikaner) mit englischer Konversation. Außerdem lasse ich mir dort selbst einmal pro Woche im Spanisch Conversation Club helfen. Ab und zu finden dort auch Filmvorführungen, Konzerte und ähnliche Veranstaltungen für uns Internationale statt.

Mehr oder weniger waren das die Hauptpunkte meiner Woche. Seit letzten Donnerstag bin ich auch einmal wöchentlich auf dem Eis, um meine Schlittschuhlauf-Skills aufzupolieren. Mal schauen was daraus noch wird.

Andres' Ausstand

In unserer lustigen Wohngemeinschaft hat sich in letzter Zeit einiges getan. Zunaechsteinmal ist Andres leider ausgezogen. Er wohnt jetzt mit seinem Vater und seinem Cousin in Punta Lara, das ist eine kleine Stadt zwischen dem Rio und La Plata. Da Andres ja Koch ist, bzw. es lernt zu kochen, hatte ich ihn schon einmal im Vorfeld gebeten, mir zu zeigen, wie man Empenadas kochen wuerde. Seinen Ausstand haben wir dann zum Anlass genommen, fuer die WG Empenadas zu zubereiten. Gekocht haben dann aber nicht nur wir beide, sondern fast alle, die in diesem Moment zu Hause gewesen waren. Ich habe davon natuerlich auch ein paar Fotos gemacht und kann somit einmal die Gelegenheit nutzen, ein paar mehr Leute vorzustellen.




Auf dem Foto steht im Vordergrund der Marcello (Marce). Er ist 38 Jahre alt, hat einen Sohn, ist geschieden und arbeitet als Automechaniker. Frueher war er auch einmal Koch gewesen, deswegen hat er auch fuer uns den Teig gemacht (wie man sehen kann). Zunaechst hat er aus Wasser, Mehl und Salz einen resigen Klumpen Teig geknetet, und danach immer kleine Stuecke herausgenommen und diese dann plattgewalzt .
In dem grossen Topf befindet sich die Fuellung. In unserem Falle war das Hackfleisch, Zwiebeln, Moehren, hartgekochte und kleingehackte Eier und zerkleinerte Oliven. Die Fuellungen sind hier ausserst vielfaeltig. Die Hackfleischfuellung ist dabei aber der Klassiker.
Andres packt dort immer ein wenig von der Fuellung auf den Teigtapa, der dann von Flaco oder Gustavo (el Negro) zusammengefaltet wird. Fertig sieht das ganze dann so aus, wie es uns hier der Flaco sehr eindrucksvoll demonstriert.

Anschliessend muessen die kleinen Teigtaschen dann noch 20 Minuten in den Ofen.
Insgesamt haben wir ungefaehr 80 Stueck gemacht. Nachdem (fast) alle zu hause waren, haben wir sie dann auch alle aufgegessen. Da es sich ja um den Ausstand fuer Andres (Costa) handelte, haben wir sogar ein wenig Wein getrunken-...heimlich, da es nicht erlaubt ist, in der Pension alkoholische Getraenke zu konsumieren. Also haben wir den Weisswein getarnt, und zwar mit Orangensaft. Der Trick ist eigentlich von Marcello, der trinkt jeden Abend seinen Wein als Orangensaft getarnt. Er sagt, er duerfe dass, er sei ja schliesslich auch der Aelteste...


Hier ist nocheinmal zusehen, wie perfekt die Fliessbandarbeit der Empenadaproduktion funktioniert. Ganz links steht hier der Diego und ganz rechts der Luis (Lucho). Und in der Mitte spinnt der Flaco rum.



Da ich jetzt schon einmal beim Leute vorstellen bin, werde ich auch gleich mal die deutschen Maedchen vorstellen. Ganz links steht die Sandra. Sie kommt aus Ulm und studiert in Halle Interkulturelle Europa- und Amerikastudien(IKEAS- klingt witzig, heisst aber wirklich so.) Neben ihr steht der Alejandro (Ale), der ist auch ein Mitglied unseres Stammtisches. Er kommt aus Patagonien, also aus dem Sueden und studiert Administrative Ingenieurswissenschaften (Ich glaube, das ist so was wie bei uns der Wirschaftsingenieur- was das wiederum ist weiss ich aber nicht). Das Foto ist schon ein wenig aelter, inzwischen sollte die Umarmung zwischen den beiden etwas fester geworden sein...Neben Ale steht die Kati. Die Kati kommt aus Hamburg, heisst eigentlich Katharina und studiert auch IKEAS. Und ganz links, steht die Susanna. Sie studiert in Trier Germanistik und Romanistik. Susanna kommt aber eigentlich aus Stralsund. Sie verdreht hier allen Maennern (Argentiniern natuerlich) den Kopf. Ganz einfach, weil es fast keine blonden Frauen hier gibt,somit ist sie hier schon eine ganz schoene Exotin. Dann fehlt bloss noch die Maren. Von ihr habe ich leider noch kein Foto.( Sie war an dem Tag krank gewesen, als wir nach dem Stammtisch noch zu Santi nach Hause gegangen sind.) Sie kommt wiederum aus Koeln und studiert mit den anderen beiden zusammen in Halle.


Auf dem letzten Foto kann man zwei gutaussehende Argentinier sehen, die sich nach dem Re-Copasieg, demonstrativ vor der Bocaflagge zu einem Foto haben hinreissen lassen. (Der baertige von den beiden, ist der Santiago (Santi))

Oktober 08, 2006

The most beautiful season

Es wurde ja schon oft angekündigt, dass der Herbst hier angeblich die schönste Jahreszeit ist und dieses Wochenende hatte ich dann endlich die Chance mich selbst davon zu überzeugen. Einziges Minus sind die Temperaturen. Tagsüber ist es total schön, so um die 20 Grad und sonnig, aber sobald die Sonne untergeht, wird es ganz schön frostig und die Luft riecht schon nach Winter. Südindiana verwandelt sich momentan aber dank der Temperaturen in eine wunderschöne Herbstlandschaft. Es gibt hier sehr viel Wald und viele Hügel und zwischendrin nur blauen Himmel. Ich hoffe, dass ich mit den folgenden Fotos vielleicht einen kleinen Eindruck vermitteln kann.

Mein Wochenendausflug gibt mir auch die Chance meinen Nachbar Jim vorzustellen. Wie ihr wahrscheinlich auf dem Foto erahnen könnt, ist er schon ein bisschen älter. Er arbeitet als technical trainer für IU und ist außerdem Taekwando-Trainer und freiwilliger Mitarbeiter bei der Polizei. Es ist total nett, jemanden in der Nähe zu haben, mit dem man einfach mal Fernsehschauen oder sich einen Topf ausleihen kann. Auf jeden Fall hatte er mir schon seit langem versprochen, mit mir einen Ausflug in die Umgebung zu machen. Am heutigen Samstag sind wir um 14.00 Uhr los gefahren und waren bei zwei Winzern, in Nashville (einer kleinen Kunstkolonie) und an verschiedenen Aussichtsstellen in Brown County.

Die zwei "Winerys" bauen hier nur zum Teil eigene Trauben an, aber ich habe stolz eine Flasche von einem sehr leckeren Blaubeer-Dessert-Wein erworben. Die Weinerein sind beide sehr malerisch gewesen und außerdem kann man soviel Wein probieren, wie man will, was in meinem Fall bedeutete, dass ich gegen 16.00 Uhr leicht angeheitert war. In der Oliver's Winery habe ich auch eine Tour mitgemacht. Es war ziemlich interessant, denn um kommerziell erfolgreich zu sein, werden hier die Trauben für Merlot und Chardonnay importiert und der Wein dann eben daraus produziert.
Nach der x-ten Weinprobe sind wir dann ein bisschen durch Brown County gefahren. Ähnlich wie in Michigan gibt es hier nur relativ viel "unberührte Natur". Ich freu mich jedes Mal einfach nur aus dem Fenster zu schauen, während wir durch die USA fahren. Die Eindrücke, die man hier auf den Nebenstraßen gewinnt, lassen in mir immer mehr den Wunsch entstehen, einen Road Trip zu machen. Im Kopf plane ich also schon.
Zum krönenden Abschluss sind wir dann nach Nashville gefahren. In einem der früheren Artikel habe ich schon mal ein bisschen was darüber geschrieben. Wir sind einfach nur durch das malerische Örtchen gelaufen, haben frisch gemachte Karamellbonbons gegessen und den Tag ausklingen lassen. Gegen 20.00 Uhr war ich dann mit rosigen Wangen und zufriedener Müdigkeit wieder zu hause. Ich hoffe, dass noch mehr Tage wie heute kommen...


Demonstrative Gegenaktionen

Da ich mich ja gerade ausgelassen habe, wollte ich euch jetzt noch meine neuen Errungenschaften von meiner letzten Schnäppchenjagd zeigen. Ich habe diese wunderschönen Wildleder (leider Imitat)-Stiefel und die Tasche unten von Victoria Secrets gekauft. Ich hoffe, euch gefällt mein Geschmack.Ich habe nämlich beschlossen mich trotz allem schlechten Geschmack nicht unterkriegen zu lassen und weiterhin zu den wenigen Menschen zu gehören, die früh auch mal in den Spiegel schauen und Vogue anstelle von People lesen. Mein ziviles Ungehorsam ist also ein Fashion-Statement. Thoreau wäre ja so stolz auf mich...

Oktober 05, 2006

Modisch aufgestoßen

Da Matthias politische Beiträge schreibt, werde ich mich jetzt, ganz getreu dem Klischee, über den modischen Stil der Amerikanerinen im Mittleren Westen auslassen (da wir hier ja ganz p.c. keine Verallgemeinerungen mögen, kann ich leider keine Aussagen für andere Regionen treffen, aber ich hab mir sagen lassen, dass die Mode hier immer circa 5 Jahre hinter allgemeinen Trends hinter her hängt...) Ich meine, dass die Amerikaner keinen Stil haben, dass wissen wir ja. Die Europäer haben sich schon zu Kolonialzeiten über die Hinterwäldler amüsiert, die mit den Indianern um das Lagerfeuer tanzen und meilenweit auseinander leben. Alles was zum Beispiel vor Walt Whitman in der Lyrik erschienen ist, waren griechische Oden mit amerikanischem Inhalt - da das nichts mehr als langweilige, billige Kopie ist, kann das ja nichts werden. Aber welche Faux-pax sich mein ästhetisches Empfinden hier teilweise aussetzen muss, ist wirklich ohne Vergleich. Da sind sogar weiße Socken mit Sandalen noch erträglich. Beispiel Nummer 1: UGG Boots...schon der Name sollte einem eigentlich suggerieren, dass man so etwas nicht tragen sollte. Leider kommen diese Schuhe aus Australien und hatten auch in Deutschland eine Weile ihre Hochzeit. Aber seien wir mal ehrlich, diese Dinge sehen aus als könnte man damit auf dem Mond landen. Der einzige Vorteil ist, dass sie den Rest des Körpers unglaublich grazil wirken lassen...

Beispiel Nummer 2: Mädchen tragen hier tatsächlich Gummistiefel in der Öffentlichkeit und ich meine nicht, um die Biologieproben im Sumpfgebiet zu nehmen, sondern um zur Uni mit trockenen Füßen zu kommen. Ich verstehe ja den praktischen Mehrwert, aber ich trage doch meine Kittelschürze auch nicht beim Italiener um die Ecke?!
Beispiel Nummer 3: Die Leggins. Grundsätzlich muss ich sagen, dass die 80er Jahre und ich nicht ganz dicke sind. Neonfarben, Schulterpolster, Dauerwellen und die Königin aller unvorteilhaften Kleidungsstücke die Leggins gehören definitiv auf meine "auf gar keinen Fall"-Liste. (Obwohl ich ja zugeben muss, dass ich mir eine von den ganz engen Röhrenjeans gekauft hab, um meine neuen Stiefel drüber zu ziehen.) Erstes Gegenargument ist, dass diese Stoffhosen ungefähr an 0.1% der Weltbevölkerung gut aussehen, an Topmodels! Man kann durch die Textur jedes bisschen Orangenhaut, Reiterhose und Kilo zu viel sehen und dass ist auf meinem Weg zum Unterricht morgens und vor meinem zweiten Kaffee echt nicht mein Ding. Mein zweites Gegenargument ist, dass diese unscheinbaren Dinger immer wirken wie halb angezogen und anscheinend weitere Fehlentscheidungen in Modefragen nach sich ziehen. Man sieht Leggins also häufig mit langen T-Shirts und Pullovern, die in der Taille von große roten Lackgürtel zugeschnallt werden, oder wahlweise auch mit megaknappen Miniröcken (die wahrscheinlich die breiten Gürtel ersetzen).
Beispiel Nummer 4: Crocs. Habt ihr schonmal so etwas Merkwürdiges gesehen? Diese Teile fallen in die gleiche Kategorie wie die Gummistiefel (denn mir hat hier ein Mädel ernsthaft versucht zu erklären, dass diese Schuhe bei Regen ja so sinnvoll sind, weil die Füße dann wieder trocknen können). Schuhe aus Plastik sind einfach generell tabu. Basta!
Beispiel Nummer 5: Der Ich-bin-gerade-aus-dem-Bett-gefallen Look. Anscheinend ist es äußerst cool hier, auszusehen als wer man gerade aufgestanden, wenn man zur Uni kommt. Ich komme mir mit meiner Jeans manchmal schon vor wie absolut over-dressed. Jogginghose, Kapuzenpulli, Hausschuhe und Schlafanzughosen gehören zum typischen Collegeoutfit. Ich dachte eigentlich immer, ich müsste mir jetzt ein rosa Polo und ne Cordjacke kaufen...ach Moment, das besitze ich ja schon. Das ganze wird dann ganz Paris Hilton-like mit großen Designerbrillen und Stoffhandtaschen mit Kitschmuster kombiniert. Sehr geschmackvoll.

Eines der Hauptprobleme der Mädels hier ist meiner Meinung nach, dass sie einfach keinen eigenen Stil haben und hoffen, mit teuren Marken darüber hinweg zu täuschen. Fleecejacken von Northface mögen $100 Dollar kosten, aber das macht Fleecejacken noch lange nicht chic. Und auch die Gucci-Brille kann einen Jogginganzug nicht aufwerten. Vor allem aber ist es der Einheitslook, der mir aufstößt. In einem Land, wo Individualismus groß geschrieben wird, sind hier an einer repräsentativen Bildungseinrichtung alle gleich schlecht angezogen...

Oktober 03, 2006

Imagining Argentina

Wer sich ansehen möchte, wie Hollywood mit dem Thema umgeht, kann sich "Imagining Argentina" mit Antonio Banderas ausleihen. Der Film behandelt das Thema der "Desaperecidos" auf einem sehr persönlichen Level und man bekommt einen Eindruck über das Argentinien der 80er Jahr. Die Mütter auf dem Platz des 5. Mai werden zum Beispiel auch dargestellt.

Ein Nachteil des Films ist, dass er nicht anstrebt besonders realistisch zu sein. Die Frau des Charakters, der von Antonio Banderas gespielt wird, verschwindet und er findet sie und einige andere Verschwunde duch übernatürliche Eingebungen wieder. Ja, ich weiß, nicht besonders glaubwürdig.

Nichts destso trotz ist der Film sehenswert, um einen Eindruck von der Zeit zu bekommen, über die wir Europäer grundsätzlich nicht viel wissen.

Oktober 02, 2006

¿Donde está Lopez?

Seit dem 18. September gilt der Platenser Jorge Julio Lopez offiziell als vermisst. Von der Sache her, waere das keine große Sache. Wenn man aber weiss, was es in Suedamerika bedeutet, verschwunden zu sein, ist das doch schon eine Sache die Aufmerksamkeit verdient.
Am Abend des 18. September wurde in La Plata eine Gerichtsverhandlung abgehalten. Vor Gericht stand der ehemalige Polizist Miguel Etchecolatz. Er wurde beschuldigt am Verschwinden von mindestens 6 Personen hauptsaechlich beteiligt gewesen zu sein. Kronzeuge des Prozesses war eben dieser Jorge Julio Lopez. Lopez selbst, war waehrend der Militaerdiktatur schon einmal ein so genannter „Desaparecido“, ein Verschwundener, gewesen und erkannte den Angeklagten wieder. Aufgrund seiner Aussage konnte dieser daraufhin zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden.
Wahrscheinlich noch in der gleichen Nacht, wurde er daraufhin, „verhaftet“ und verschleppt. Seit diesem Tag fragt ganz Argentinien: Wo ist Lopez?

Der Prozess war der Auftakt einer Reihe von weiteren Verfahren gegen das Argentinische Militärregime, das in der Zeit von 1976 bis 1983 das Land „regierte“. Seit dem Bekannt werden des Verschwindens von Lopez sind in Argentinien jeden Tag mehrere Tausend Menschen auf den Strassen, um fuer die schnelle Aufklaerung dieses Falles zu demonstrieren. Nicht wenige befürchten, dass Lopez nicht mehr am Leben ist und somit als Abschreckung fuer die anderen Zeugen gelten soll.
Am 18. September habe ich auf dem Plaza Moreno Fussball gespielt. In der Municipalidad wurde zur gleichen Zeit der Prozess abgehalten. Einige Hunderte Menschen hatten sich vor dem weissen Haus am Plaza Moreno versammelt, um fuer eine möglichst harte Strafe zu demonstrieren. Ich habe am Abend in meiner Pension nachgefragt, ob sie wuessten, was dort passiert waere und warum dort so viele Leute gewesen waren.
Da hab ich zum ersten Mal von den neuen Gesetzen Kirchners gehoert. Nach ueber 20 Jahren wurden nun erstmals Immunitaeten ausser Kraft gesetzt, mit deren Hilfe nun die Verantwortlichen fuer die mindestens 13.000 bekannten Verschwundenen zur Verantwortung gezogen werden koennten.
Am Donnerstag dem 28.09 bin ich nichts ahnend aus der Universitaet gekommen und wollte meinen Heimweg antreten, als auf einmal vor mir an der Ampel sechs vermummte Demonstranten standen, die sich um ein paar brennende Reifen gestellt hatten und Baseballschlaeger in den Haenden hielten. Sie haben sich nicht im Geringsten fuer mich interessiert, dennoch war das erst einmal ein kleiner Schock fuer mich. Ich bin dann die 7.Strasse entlanggegangen, die zwischen vier Blocks (51.-46.) von den Platensern eingenommen worden war. Dort brannten ueberall Reifen, waren riesige Plakate aufgehaengt, und die Leute sassen auf der Strasse herum. Die 7. Strasse ist nur vier Blocks von dem Polizei-Hauptrevier entfernt. Dennoch hatte sie keine Anstalten gemacht, um in dieser Situation etwas zu unternehmen.
Das wiederum, war dann das erste Mal, dass ich bewusst wahrgenommen hatte, was hier gerade passiert.

Zeitgleich demonstrierten mehrere Tausend Leute allein in Buenos Aires. Allesamt forderten das Leben von Lopez. Ueberall in der Stadt haengen Flugblaetter aus, die das Gesicht von Lopez zeigen und die bei der Aufklaerung des Falles helfen sollen.
Waehrend der Militaerdiktatur in Argentinien sind offiziell ueber 13.000 Menschen verschwunden, es wird aber davon ausgegangen, dass es sich dabei eher 30.000 handelt. Das Prozedere verlief dabei aber fast immer gleich. Nachts wurden, die so genannten, „subversiven Personen“ verhaftet, in Verliessen gefoltert und spaeter auch umgebracht. Auch gab es Todesfluege, bei welchen lebendige Menschen von einem Flugzeug aus in den Atlantik abgeworfen wurden. Die Angehoerigen erfuhren meist nichts ueber das Verbleiben der Disaparecidos. Ihnen wurde vielmehr erzaehlt, dass sich die Ehemaenner oder -frauen wohl heimlich von ihren Partnern getrennt, oder dass sich die Jugendlichen ins Ausland abgesetzt haetten. Somit entstand ein Mantel des Schweigens und des Wegschauens. Teilweise wurde der Kontakt zu den Familien abgebrochen in denen jemand verschwunden war, aus Angst auch als Subversiv eingestuft zu werden. Auch gab es mehrere Leichenfunde, die bis heute keine Identitaet haben, da viele Leute sich nicht trauten zu zugeben, dass es sich bei den Leichen um Familienangehoerige handelte.
Der Gouverneur von Buenos Aires sagte im Jahre 1977 in einer oeffentlichen Rede: „Erst werden wir alle Subversiven toeten, dann ihre Kollaborateure, danach ihre Sympathisanten, danach die Gleichgueltigen und schliesslich auch die Aengstlichen.“
Diese Rede wurde im Rahmen einer Gesetzeserneuerung zur Aufrechterhaltung der Nationalen Sicherheit, nach der Machtuebernahme der Militaerjunta gehalten. Das Phaenomen der Verschwundenen gab es jedoch nicht nur in Argentinien. Die „Operation Condor“ wurde von mindestens 5 Suedamerikanischen Geheimdiensten grenzuebergreifend geplant und durchgefuehrt (man spricht dabei von Argentinien, Brasilien, Chile, Guatemala und Paraguay). Auch dem CIA und dem franzoesischen Geheimdienst konnte man dabei eine „Beraterfunktion“ nachweisen.

Weltweit sorgten die „Madres de la Plaza de Mayo“ fuer aufsehen. Die Muetter, Frauen und Grossmuetter von Verschwundenen versammelten sich einmal in der Woche auf dem Plaza de Mayo, um dort schweigend zu demonstrieren. Dabei trugen sie allesamt weisse Kopftuecher und hielten Schilder mit den Namen oder den Fotos der vermissten Angehoerigen. Als schliesslich auch aus dieser Organisation die ersten Leute verschwanden, sah man ein, dass die Junta nicht einmal vor den eigenen Muettern der Nation halt machen wuerde. Bis heute gibt es jedoch diese Bewegung, die sich nach wie vor jeden Donnerstag in Buenos Aires trifft, und dort schweigend versucht die Aufklaerung diverser ungeklaerter Faelle zu provozieren.
Es gibt auch ein Lied von Manu Chao zu dem Thema. Es heisst natuerlich auch: "Desaparecido"