Oktober 28, 2006

Wie es mindestens zweimal USA gebraucht hat...

um mich Deutsch zu machen...

Bei Vorbereitungsworkshops für Auslandsaufenthalte wird einem ständig gesagt, dass ein Auslandsstudium nicht nur hilft die fremde Kultur kennen zu lernen, sondern auch die eigene besser zu verstehen. Nachdem ich jedoch bei solchen Workshops auch gelernt habe, wie man sich die Beine rasiert und warum man grüne Milch von Außerirdischen nicht trinken muss, habe ich diese Information wahrscheinlich unter "Nicken und Lächeln" abgehakt. Es braucht also tatsächlich die eigene Erfahrung, um sich wieder bewusst zu werden, was man eigentlich schon weiß: Ich bin Deutsche und Europäerin und stolz darauf!

Mein erstes Jahr in der amerikanischen Kleinstadt High School hat mich für die USA begeistert. Das zivile Engagement und der Unternehmergeist, die sympathische Formlosigkeit von zwischenmenschlichen Beziehungen und das große Herz der manchmal etwas einfachen Leute in Beaverton sind nur ein paar der Gründe, warum ich seit dem nicht mehr von diesem Land weggekommen bin. Ein Teil der Faszination kommt sicher auch davon, dass ich in meinem Austauschjahr und mit Hilfe meiner Gastfamilie ein bisschen mehr erwachsen geworden bin

Diesmal ist es ein bisschen anders. Die Begeisterung und Faszination ist immer noch da (um nicht zu sagen, ich liebe diese Uni-da weiß man echt wofür die hier bezahlen!), aber nach drei Jahren in Berlin und mit mehr Bewusstsein für die Dinge um mich herum (mein politisches Bewusstsein war nicht besonders ausgeprägt mit 16 um nicht zu sagen fast gar nicht vorhanden), sehe ich die USA und meine Heimat selbst mit neuen Augen. Es ist zum Beispiel echt merkwürdig, wie ich mit allen Europäern hier sofort eine Verbindung finde, selbst mit Leuten, mit denen ich in Europa nichts zu tun hätte. Auch die Amerikaner mit denen ich zu tun habe, sind meistens Leute, die entweder im Ausland (meist Europa) gelebt haben oder sich sehr für Europa interessieren.

Außerdem vermisse ich Aldi (den es hier so gar gibt, aber natürlich mit anderen Produkten-ich hab mich so gefreut 25 Cent für meinen Wagen zu bezahlen und in der Schlange zu stehen und danach auch noch meinen Einkauf selbst einpacken zu dürfen), öffentliche Verkehrsmittel und Stromrechnung unter 100 Dollar pro Monat. Mir fehlen meine drei Mülleimer für Plaste, Papier und biologischen Abfall. Und ich kann und will mich nicht daran gewöhnen, dass "Let's go to the movies next Friday." nur als ein Vorschlag unter anderen Optionen gesehen wird, während ich mir meinen Freitagabend frei halte und am Ende dann Wiederholungen von "Scrubs" bis um 2 schaue. Ich bin stolz auf unser öffentlich-rechtliches Rundfunksystem und darauf, dass man in Europa so viele Sprachen lernt.

Damit ich jetzt nicht gleich Emails über meine stereotype Darstellung bekomme, möchte ich zu meiner Verteidigung hinzufügen, dass ich in Deutschland nicht gerade ein ausgeprägtes Nationalbewusstsein hatte. Das höchste der Gefühle war, dass ich zugeben musste, dass Berlin schon eine sehr schöne Stadt ist, aber eben weil Berlin und Deutschland zwei Paar Schuhe sind. Um mein neues Bewusstsein zu feiern, habe ich mich deshalb entschieden, dem Wort "stereotyp" eine völlig neue Ebene zu geben. Aber seht selbst...

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