Januar 10, 2007

Das Wiedersehen

Nach meinem 12 stündigen Flug bin ich, über die Stationen Buenos Aires und Houston, am 16. Dezember in Chicago angekommen. Am Flughafen wartete dann auch schon die etwas aufgeregte Anja. Aufgeregt war sie, weil alle anderen Passagiere aus Houston schon längst zur Gepäckausgabe gekommen waren und ihre Koffer abgeholt hatten. Nur von Matthias war weit und breit keine Spur. Ich war aus Versehen zum falschen Ausgang heraus gegangen und musste somit erst wieder den richtigen Eingang zu meiner Gepäckausgabe finden. Diesen fand ich auch genau im letzten Moment, bevor Anja dabei war, mich ausrufen zu lassen und mithilfe von Interpol nach mir fahnden zu lassen.
Mit der U-Bahn fuhren wir dann zu der Station an welcher Anja das Hotel vermutete, das sie für uns gebucht hatte. Wer Anja kennt, der kann sich vorstellen, wie sie sich gefühlt haben muss, als wir dieses nicht gleich gefunden hatten. Sie hätte sich ja besser vorbereiten können, antwortete sie, wenn ich zu ihr sagte, dass es mir nichts ausmachen würde mit dem Rucksack durch die Gegend zu laufen. Ich, aus dem argentinischen Sommer mit fast täglichen 30 Grad, kommend, erwartete eigentlich einen strengen Winter in der "windy city". Anja hatte sich von einem Freund aus Bloomington eine Winterjacke für mich ausgeliehen, die ich aber eigentlich nicht wirklich gebraucht hatte, da die Temperaturen so um die 10- 15 Grad lagen.
Nachdem wir das Hotel gefunden hatten, haben wir noch eine kleine Tour durch die Stadt gemacht und noch nach etwas zu Essen gesucht. Vor dem Schlafengehen sind wir noch einmal in den "Signature Room" gefahren, eine Bar im 96. Stock des 6. höchstem, freistehenden Gebäudes der Welt, dem Hancock Observatory.
Nach einem fantastischen Frühstück gingen wir am nächsten Tag noch einmal auf Stadttour. Für den Nachmittag hatten wir Eintrittskarten für ein Spiel der Blackhawks gegen die Colorado Avalanche. Somit ermöglichte mir Anja mein erstes, live-gesehenes NHL-Spiel. Der nächste Tag begann dann weitaus stressiger als die beiden vorigen. Wir mussten mit dem Bus nach Indianapolis fahren. Meiner Arschruhe sei Dank mussten wir an der Station nicht stundenlang warten, wie es für Anja typisch gewesen wäre, sondern kamen im festen Laufschritt genau noch richtig, um den Bus nicht zu verpassen.
Von Indy aus holte uns Anjas Nachbar ab, bei dem man leider nie weiss, ob er sich extra frei nimmt, um Anja den einen oder anderen Gefallen zu tun. Jedenfalls war er in der Zeit in Bloomington für mich und Anja jederzeit zur Stelle, wenn er auch nur irgendetwas für uns beide tun konnte. Eine Stunde später in Bloomington angekommen bemerkten wir schnell, das die Stadt wie ausgestorben war. Die ca. 35.000 Stunden der IU waren alle schon zu Hause bei ihren Eltern um dort die Festtage zu verbringen.
Abends wollten wir mit Jim, dem Nachbarn, und ein paar seiner Freunde noch etwas trinken gehen und mussten erst einmal eine Weile suchen, bis wir eine Bar gefunden hatte, die auch noch zur späteren Stunde geöffnet hatte. Am besten kann man kann man den Kulturschock an den Sportarten nachvollziehen, die von den Leuten verfolgt werden. Somit konnten wir gleich ein Spiel der Indianapolis Colts in der Bar sehen, welches lautstark von den Coltanhängern begleitet wurde. Ein Footballspiel dauert nur leider sehr lange, so dass wir das Ende nicht mehr mitbekommen haben.
Am nächsten Tag sind wir dann, bei herrlichstem Herbstwetter, den menschenleeren Campus der Indiana University entlangspaziert und Anja hat mir alles gezeigt was wichtig und schön ist. Herbstwetter bedeutet nicht nur milde Temperaturen, sondern auch Dauernieselregen den ganzen Tag. Ich denke, dass wir in ganz Indiana die einzigen Menschen waren, die an diesem Tag zu Fuss unterwegs waren.
Am 23. Dezember hiess es dann schon wieder Koffer packen. Vor uns stand eine 13 stündige Busfahrt mit dem berühmt-berüchtigten Greyhound. Wie Anja schon einmal beschrieben hat, ist die Reise mit dem Greyhound eine ur-amerikanischer und sehr einprägsame Erfahrung. Zu Beginn unserer Reise wurde ein netter Mitpassagier von der Reise ausfgeschlossen, weil er seinen Schliessmuskel nicht mehr unter Kontrolle hatte und etwas seiner Körperflüssigkeit verlor (obwohl ich nicht weiss, ob man dabei noch von Flüssigkeit spricht).
In Beaverton angekommen verbrachten wir mit den Bighams, Anjas ehemaliger Gastfamilie, den 24. Dezember auf einer Familienfeier. Am Morgen des 25. Dezember gab es dann die grosse Bescherung. Doch, ich denke, dass ein wenig vom Weihnachtszauber verloren geht, wenn man sich nicht einmal mehr Mühe gibt, auch nur so tun, als ob der Weihnachtsmann die Geschenke am Abend, oder auch in der Nacht bringt, sondern die Geschenke schon mehrere Tage vor der Bescherung im Wohnzimmer herumstehen. Die beiden Kinder, Justin und Jade nutzten natürlich die Gelegenheit, um durch abschätzen der Grösse und des Gewichtes zu erahnen, ob es dieses Mal die gewünschte Stereoanlage oder das Notebook geben würde. Auch für die beiden ausländischen Kinder gab es kleine Geschenke, worüber sich die beiden auch sehr gefreut haben.
Am Nachmittag des 27. machte sich die Reisegruppe Zinke/Adler wieder auf, um nach Bloomington zurück zufahren. Der Greyhound wurde uns erspart, weil Shravan uns angeboten hatte uns mitnehmen zu können. Shravan ist ein Inder der in Indiana lebt und den Anja auf einer Party kennengelernt hatte. Shravan musste seine Verlobte Shana in Michigan zurücklassen, da sie noch bei ihren Eltern blieb, um die bevorstehende Hochzeit zu planen. Zwei Tage später waren wir eingeladen worden, ihm bei herrlichem, selbstgekochten indischen Essen ein wenig Gesellschaft zu leisten.
Am 31. Dezember machten wir uns wieder auf, um, dieses Mal mit einem gemieteten Auto, wieder nach Chicago zu fahren und dort Anjas Geburtstag und Sylvester zu feiern. Wir teilten uns das Auto nach bester Mitfahrzentralmanier mit einem indischen Pärchen, das auch auf dem Weg nach Chicago war. Den Jahreswechsel verbrachten wir in einer schicken Bar, in welcher Leila, eine Freundin von Anja aus High-School-Zeiten, arbeitete. Leila musste dann doch länger als erwartet arbeiten, so dass wir erst weit nach Null Uhr die Bar verlassen konnten und nach einem Ort suchen konnten, wo wir noch ein wenig feiern konnten. Die Bars die wir dann aufsuchten waren aber entweder schon im Inbegriff zu schliessen oder restlos überfüllt. Somit sind wir zu Leila nach Hause gefahren und haben dort zusammen mit ihrem Freund Justin, Fiorella, einer peruanischen Freundin von Leila und ihrer Begleitung noch ein, Zwei Gläser Wein gertrunken, bevor wir dann auch schlafen gegangen sind.
Am nächsten Tag fuhren wir dann wieder mit unseren Indern nach Indiana zurück. Die letzten Tage in Bloomington verbrachten wir mit Eislaufen, Freunde treffen und Ausspannen.
Am 3. Januar fuhren wir wieder mit dem Bus nach Chicago, von wo aus ich am nächsten Morgen meine "Heimreise" nach Buenos Aires antreten sollte.
Im Nachhinein sind die drei Wochen natürlich viel zu schnell vergangen. Festzuhalten bleibt, dass es schön war Anja wieder gesehen zu haben. Auch Chicago war eine schöne Erfahrung. Die Stadt ist sehr vergleichbar mit New York, nur dass sie bei weitem sauberer und viel ruhiger ist. Wenn man einen guten Tag erwischt dann riecht die ganze Innenstadt nach Schokolade, weil direkt in Downtown eine Schokoladenfabrik ihren Sitz hat. Als wir zum Eishockeystadion gelaufen waren, hatten wir so einen Tag erwischt und die ganze Zeit wehte uns eine schokoladige Brise um die Nase. Jetzt sind es nur noch knapp 6 Monate bis Anja zu mir kommt und ich ihr ein wenig Argentinien zeigen kann.

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