Januar 31, 2007

Apertura 2006 - El Pincha salió Campeón

Meinen ersten Besuch bei einem Argentinischen Fussballspiel hatte ich ja schon beschrieben. Es war das fantastische 7:0 im "Clásico" gegen den Stadtrivalen Gimnasia. Seitdem bin ich relativ regelmässig zum den Spielen von den Estudiantes gegangen. Und ich habe eine fantastische Spielzeit gesehen...
Das Spiel gegen Gimnasia war schon das vierte in Folge das von der Mannschaft um ihren Kapitän Verón gewonnen wurde und die Estudiantes bliessen zum Angriff auf die Tabellenspitze. Nachdem Godoy Cruz und Nueva Chicago besiegt wurden, kam der grosse "River Plate" nach La Plata. Die Estudiantes siegten auch weiterhin, gegen den damaligen Konkurrenten um den Zweiten Tabellenrang. Bei River standen hochkarätige Namen, wie Ariel Ortega und Marcelo Gallardo auf dem Feld. Doch auch sie konnten nicht die 3:1 Niederlagen bei den Estudiantes verhindern. So konnte ich mich über einen weiteren "Pinchasieg" freuen und auch darüber, die beiden Jungstars Gonzalo Higuaín, der inzwischen bei Real Madrid spielt und Fernando Beluschi, dem der Trainer Pasarella einen derzeitigen Marktwert von dreissig bis vierzig Millionen Euro bescheinigte und der wohl spätestens nächstes Jahr auch nach Europa gehen wird, gesehen zu haben.
Als nächster grosser Klub kam Racing und zog wie schon alle anderen zuvor, im "Estadio Unico" den Kürzeren. Es folgten die letzten beiden Spiele der Apertura 2006, der ersten von den beiden ausgespielten Meisterschaften der Saison 06/07. Boca stand wie schon die ganze Saison über auf dem ersten Rang und konnte bereits am vorletzten Spieltag die Meisterschaft klar machen. Doch sie spürten wohl den heissen Atem der Estudiantes im Nacken und verloren völlig unerwartet gegen Belgrano Cordoba mit 0:1. Die Pinchas hingegen spielten später und wussten von der Niederlage. In der letzten Minute konnten die Argentinos Juniors noch den Ausgleich erzielen und so war die Stimmung natürlich auf dem Tiefpunkt angelangt- die grosse Chance, auf einen Punkt an den Meister heran zukommen war vertan. Beim letzten Spiel kam Arsenal de Sarandí, immerhin vierter in der Tabelle nach La Plata, während Boca zeitgleich zu Hause gegen Lanús spielte. Die Situation war die Gleiche wie schon zuvor. Gewinnt Boca, sind sie Meister, spielen sie Unentschieden, auch. Die Zwischenstände wurden im Stadion nicht durchgegeben, doch Unzählige hatten ihre Radios mit im Stadion um zu hören, wie sich Boca schlägt.



Die Mannschaft kommt ins Stadion

Raunen geht durch die Menge als bekannt wird, dass Boca 1:0 führt. Doch die Pinchas sangen noch lauter und hofften weiterhin auf die Niederlage. "Lanús hat ausgeglichen", mit Ohrenbetäubenden Jubel wurde Lanús schon für dieses Tor gefeiert, während die Estudiantes sich immer noch gegen Arsenal quälten und es zur Halbzeit 0:0 stand. "Goooool, Gooooooool", Lanús führte und von da an war im Estadio Unico die Hölle los. Ecke Veron, Alayes steigt hoch und köpft zur Führung. Nur 5 Minuten später, "El Tanque", der Panzer, Mariano Pavone macht mit dem zweiten Tor alles Klar. Warten...., wie hat Boca gespielt? ...nein, das glaub ich nicht, das kann nicht sein...! Die Estudiantes hatten auf dem letzten Spieltag noch einmal die komplette Meisterschaft auf den Kopf gestellt und mit dem Meister gleichgezogen.



Aus, aus, aus, das Spiel ist aus....

Doch was passiert jetzt? Kein Torverhältnis, kein direkter Vergleich: ein Finalspiel soll den Meister krönen und zwar drei Tage später am Mittwoch. In La Plata, wurden schon einmal die Strasse gesperrt und die ganze Nacht dieses Finale gefeiert.



Nach dem Sieg war die Hölle los

Dienstag musste ich noch zur Uni und meine Noten abholen. Ich wollte mich mit "Puci" dort treffen und danach wollten wir unsere Karten für das Finale holen. Um 7 Uhr Morgens bekomme ich einen Anruf, es ist Puci: "Mati du musst sofort herkommen, zum Stadion, wir haben hier übernachtet und haben gute Plätze, wir bekommen unsere Karten, aber du musst jetzt herkommen, die Polizei sperrt schon die Strassen und du kommst sonst nicht mehr vor zu uns, ausserdem lassen dich die anderen nicht vor, weil sie sonst sauer sind".



Anstehen für die Karten

Also ich, schnell unter die Dusche und ab zum Stadion. Um zehn musste ich mit der Polizei verhandeln, dass ich schnell mal zur Uni muss, damit ich meine und Pucis Noten holen kann. Wiederangekommen (und bestanden) standen wir insgesamt weitere 10 Stunden in der Schlange, ohne dass sich auch nur irgendetwas rührte. In der absoluten Hitze des argentinischen Sommers standen wir und die Stimmung wurde brisant. Nachdem die Leute die Polizei beschimpften, wurde kurzerhand mit Gummigeschossen ca. 50m vor mir für Ruhe gesorgt. Nach 10 Stunden hatte ich meine Karte in der Hand und war glücklich, das Finale in Buenos Aires, im Stadion von Veléz Sarsfield sehen zu können.



Wenn sich schon nichts bewegt, dann kann man ja wenigstens Spass haben. "Vamooooos, Pincharrata,...carajo!

Nachdem ich meine Arbeit in Buenos Aires fertig hatte, fragte ich wie ich zum Stadion kommen könne und fuhr los. Kamera und Rucksack hatte ich schweren Herzens zu Hause gelassen, da ich die Ecke nicht kannte und mir nicht sicher war, wie sicher alles sei. Im Stadtteil Liniers angekommen, traf ich mich mit meinen Pinchafreunden. Das Spiel begann wie die gesamte Saison auch: Boca ging früh in Führung. Martin Palermo erzielte ein Kopfballtor schon in der 4. Spielminute. Doch wie schon die gesamte Spielzeit über kämpften sich die Estudiantes zürück. José Sosa (65.) mit einem Freistoss und Mariano Pavone (80.) drehten das Spiel noch einmal. Nach 90 Minuten: "El Pincha salió Campeón", der Pincha war Meister. Zum ersten Mal seit 23 Jahren. Ganz La Plata tanzte zwei Tage durch und es herrschte der Ausnahmezustand. Am Freitag nach dem ganzen Spektakel setzte ich mich in den Flieger und machte mich auf dem Weg in die USA. Für mich wird das Erlebte einzigartig bleiben. Für die Pinchafreunde hatte ich meinen Anteil an dem Sieg der Meisterschaft. Schliesslich hatten die Estudiantes seit meinem ersten Erscheinen beim 7:0-Jahrhundertklassiker nicht mehr verloren, immerhin 13 Spiele. "Alemán, dir ist schon klar, dass wir dich nicht mehr nach Hause fahren lassen..."

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