September 07, 2006

Die Latinos und die Novelas


Die Herzen der Argentiner tragen momentan schwere Trauer. Nach dem Viertelfinal-Aus gegen Deutschland bei der Fussball WM, scheiterten nun auch die Basketballspieler um ihren Superstar Manu Ginobili im Halbfinale gegen Spanien, dem spaeteren Champion der WM in Japan. Die taeglich erscheinende Sportzeitung Olé hatte im Vorfeld sogar von der besten Mannschaft des Jahrhunderts gesprochen (...aber Superlative werden hier schnell mal verwendet).
Doch damit nicht genug: Im "Freundschaftsspiel" gegen Brasilien im Stadion von Arsenal London, gab es eine boese 0:3 Pleite gegen den verhassten gelben Nachbarn. Der Brasilianische Nationaltrainer Carlos Dunga hatte in einem Interview gesagt, dass es keine Freundschaftsspiele gegen Argentinien gaebe, eben weil es auch keine Freundschaft gibt.
So freuen sich mal wieder die Anderen und der Gaucho weint still vor sich hin und beschimpft sich selbst als Huehnchen, weil er es eben nicht schafft, mal wieder was Grosses zu gewinnen.
Trost und triviale Abwechslung findet er jedoch dreimal in der Woche, naemlich immer Montags, Dienstags und Donnerstags um 22.30 Uhr. Dann bleibt hier die Zeit stehen und mindestens Halb Argeninien sitzt vor dem Fernseher und schaut Montecristo. Es ist nicht oft der Fall, dass alle Chicos in der Pension zusammen anzutreffen sind. Die Chancen stehen aber gut, dass es um 22.30 Uhr, an einem dieser drei Tage sein koennte. Dabei kochen die Emotionen hoch und wahllos werden die Schauspieler als Putos oder Putas beschimpft (entspricht ungefaehr Schwuchteln und Nutten). Hin und wieder eskaliert die Stimmung sogar und eventuell gehen auch Geschirr und Einrichtungsgegenstaende kaputt. Graciela hatte schon einmal angedroht den Fernseher jeweils eine viertel Stunde vor Montecristo abzustellen, damit es in Zukunfte keine Tumulte mehr gebe- natuerlich mit einem Laecheln, schliesslich findet sie es ja auch ein wenig amuesant, dass ihre Jungs so auf eine Novela stehen.
Zur Story kann ich persoenlich nicht viel sagen. Alles was ich weiss ist, dass es jede Menge Dramatik gibt. Eben in jeder Folge einen Toten, einen Ehebruch, einen fiesen Plan und einen strahlenden Helden, der aber natuelich auch weinen kann und dieses auch gerne tut.
Ich weiss von den anderen Hallenserinnen, die auch in einer Pension wohnen, dass es bei den Frauen auch nicht viel emotionsloser zu geht. Aber dann eher auf Frauenart, mit Traenen und Schwaermereien fuer Montecristo.
Jedes Land in Lateinamerika scheint seine eigene Novelas zu haben. Ich habe mir sagen lassen, dass die besten wohl aus Brasilien kommen wuerden.
Das Ende einer jeden Novela wird wohl immer gleich seicht sein, auch wenn unzaehlige Leichen und gebrochene Liebesschwure den Weg pflastern. Gott sei Dank gehen sie immer gut aus und man kann beruhigt einschlafen.

Apropos einschlafen, meine WG hat Zuwachs bekommen. Der Zuwachs heisst Umberto, oder auch José oder auch Pepe, aber eigentlich heisst er fuer alle Pepito, obwohl er das nicht mag. Umberto kommt aus Mexiko und studiert Wirtschaft an der UNLP. Somit wohnen wir jetzt zu dritt in unserem Dormiotorio. Pepito (links), Flaco (rechts) und der Mati.

Wenn Anja hier schon anfaengt mit Chili-Baumen, da muss ich natuerlich zurueckschlagen, und zwar mit...Apfelsinenbaeumen, aber in freier Wildbahn. Sie sollen aber nicht schmecken, kein Wunder bei den ganzen Abgasen hier, aber mehr dazu vielleicht ein anderes Mal.

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